En el desierto

Zum ersten Mal auf dieser Reise scheint etwas nicht zu klappen, wir stehen um 05.00 Uhr vor unserem Hostal in Santiago de Chile und warten scheinbar vergebens auf das am Vortag bestellte Taxi. Nach mehrmaligem Nachhaken ruft der Herr vom Hostal dann doch die Taxizentrale an, um uns ein anderes Taxi zu bestellen. Dies heisst aber mindestens nochmals 20 Minuten zu warten. Was bleibt uns anderes übrig. Als dann endlich ein Auto in Sicht ist, sind bereits 40 Minuten seit der von uns gewünschten Abfahrtszeit vergangen und so bleibt uns nur zu hoffen, dass wir noch rechtzeitig am Flughafen eintreffen werden. Schliesslich dauert die Fahrt dorthin 30 Minuten wir sollten uns aber bereits um 05.30 Uhr am Sky Schalter melden. Unser Vorteil ist, dass wir den Flughafen gut kennen und so verlieren wir keine Zeit. Für einmal gehören wir zu den letzten Passagieren, welche ihr Gepäck aufgeben, Hauptsache wir haben es noch geschafft.

Von Santiago de Chile kommend, landen wir in der Wüstenhauptstadt Copiapó. Durch eine dichte Wolken- respektive Nebelschicht landet unser Flieger sicher und sanft auf dem Flughafen von Atacama. Da es bekanntlich ein Inlandflug ist, brauchen wir lediglich auf unser Gepäck zu warten und anschliessend können wir den Transport in die Stadt organisieren. Auch dies klappt einwandfrei und eine Stunde später erreichen wir bereits unser Hotel, welches für die nächsten fünf Tage unser zu Hause sein wird. Die Besitzerin empfängt uns sehr herzlich mit einem Besito, als wären wir langjährige Freunde. Wir dürfen uns sogar an den Morgentisch setzen, um unser Morgenessen zu geniessen. Mit der Hotelmanagerin gehen wir daran, unseren Aufenthalt zu planen. So organisiert sie uns eine Tour in die Atacamawüste. Die anderen Tage werden wir ein Mietauto haben, aber alles der Reihe nach.

Ercio persönlich, der Tourismusdirektor der Region um Copiapó, ist unser Tourguide. Er ist so stolz und glücklich, dass wir auf unserer langen Weltreise auch seine Region besuchen. Dies erzählt er jeder Person, mit welcher er spricht und das sind nicht wenige. So starten wir Richtung Osten immer tiefer in die Atacamawüste. Bereits nach wenigen Kilometern fahren wir an einer grossen Kupfermine vorbei, denn auch Chile ist ein Land mit zahlreichen Gold-, Silber-, Kupfer- oder Eisenminen. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass die Berglandschaft in allen Farben erscheint. Unser erster Stopp gilt einer Geisterstadt, welche seit 1930 nicht mehr bewohnt wird. Zahlreiche Erdbeben, natürlich viel stärker als jenes, welches wir hier vor einem Tag erlebt haben, zerstörten die Häuser und es kam zwischendurch auch zu Überschwemmungen. Nur unweit weiter bekommen unsere Kinder und wir eine Geologiestunde. Unser Führer erklärt uns die Entstehung der Anden und als Beweis gelten die Versteinerungen, welche man überall in den Bergen findet. Die Muscheln und Ammoniten können klar dem Meer zugeordnet werden, nur heute findet man schöne Stücke bis in die Höhe von über 6000 Metern. Mit den in Kürze gefundenen Versteinerungen bilden wir ein Openair-Museum. Auf 3500 Metern stoppen wir zum Lunch, so dass wir uns auch etwas akklimatisieren können, denn die Reise führt uns noch weiter in die Höhe. Ab hier dürfen wir uns nur noch im Astronauten Tempo bewegen. Auf der Fahrt zum ersten Pass treffen wir auf eine Tourenfahrerin. Die Engländerin Jaimi Wilson ist seit 2.5 Jahren mit dem Fahrrad unterwegs, um die Welt zu umrunden. Bisher fuhr sie durch Europa, Asien und Australien. Hier in Südamerika ist sie in Ushuaia gestartet, was auch 4300 Kilometer weiter südlich liegt. Wir sind alle sehr begeistert und bewundern den Mut, den Willen und die Durchsetzungskraft dieser smarten Engländerin. Sie erzählt uns, dass wir hier in der Atacamawüste erst die zweiten Leute seien, welche sie antrifft. Ein Erinnerungsfoto plus der Instagram-Zugang dürfen auf keinen Fall fehlen. So lassen wir sie wieder in aller Ruhe weiterpedalen und wir nähern uns dem ersten Pass auf 4100 m.ü.M. Die Aussicht auf die Laguna Santa Rosa und die dahinterliegenden, schneebedeckten Vulkane ist atemberaubend. Genau deshalb sind wir hier. Eine Wucht an wunderbaren, einmaligen Farben trifft auf uns und lässt uns nicht mehr los. Im spiegelglatten Wasser der Lagune sind die Berge deutlich zu erkennen und mit dem Flamingo im Vordergrund geben sie ein Sujet der Extraklasse ab. Quer Feld ein sucht Erico nach Vicuñas. Die scheinen heute allerdings an einer anderen Stelle zu grasen. Kurz später sind wir zurück auf einer bestens ausgebauten Strasse. Zwei Tage später wird uns klar, weshalb dies der Fall ist. Es bestehen Pläne, 8'700'000 Hektaren Land rund um die Lagune Verde für den Litium-Abbau zu sperren und dadurch Chile zum Weltmarktleader für Litium zu machen. Derweil geniessen wir aber die einmalig schöne Landschaft, fragen uns sogar, ob denn hier nichts durch die UNESCO geschützt wurde. Auf dem Hochplateau auf 4600 Metern ist erstmals die Sicht frei auf den höchsten Vulkan der Welt. Mit seinen stolzen 6893 müM überragt der Ojos del Salado all seine Nachbarn. Schon stoppen wir über den Klippen der Laguna Verde. Das Bild, welches sich uns zeigt ist von einmaliger Schönheit, kein Maler könnte dies besser wiedergeben. Einmal mehr staunen wir ob der Farbenvielfalt der Natur. Die Seven Colors von Mauritius kommen hier im Grossformat vor. Dies soll also die Region sein, welche im Fokus grosser Bergbaufirmen ist – wir können und wollen es nicht glauben. Im einfachen Refugio der Lagune geniessen wir eine warme Suppe, ehe wir die lange Rückreise antreten. Ein weiteres Highlight liegt aber noch vor uns. Der Salzsee von Maricunga. Mitten auf dem blendend hellen Weiss stoppen wir und obwohl wir hier immer noch über 3000 Meter sind, können wir nicht anders als den einen oder anderen Freudenjump in die Luft zu zaubern. Dies haben die ersten Astronauten auf dem Mond vielleicht ja auch gemacht. In der Abendsonne leuchtet die wunderbare Struktur des Salzes hervorragend. Wir sind begeistert. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit können wir eine ganze Gruppe Guanacos in unmittelbarer Nähe der Strasse beobachten. Ja die Tiere rennen nicht weg, im Gegenteil sie schauen neugierig zu uns hinunter. Vorbei an einer weiteren Goldmine kehren wir nach Copiapó zurück.

Die Stadt selber hat nicht viel zu bieten und trotzdem ist sie gut für eine kleine Shoppingtour und einen gemütlichen Tag ohne viele Kilometer. Mit unserem Mietauto wagen wir uns tags darauf abermals in die Weiten der Atacamawüste. Diesmal fahren wir allerdings nordwärts mit dem Ziel die Bahia Inglésa zu besuchen. Der Strand gilt als die Karibik Chiles mit dem grossen Unterschied der Wassertemperatur. Die rote Flagge, welche weht, ist ein plausibler Grund, weshalb wir nicht baden gehen. Ein anderes Hindernis könnten die 14°-16° sein. Wir begnügen uns mit einem kleinen Fusskneipp-Bad. Auf der Fahrt zurück wählen wir die Wüstenroute im Landesinneren. Hier passieren wir den historischen Ort der Mine von San José. In dieser Gold- und Kupfermine wurden am 5. August 2010 33 Minenarbeiter eingeschlossen und es begann die weltumspannend für mediales Interesse sorgende, 70-tägige Rettungsaktion. Mit viel Interesse verfolgen wir die Ausführungen über dieses tragische Ereignis mit dem Happy End. Die neun Meilensteine der Rettungsaktion sind schematisch dargestellt und mit grossen Schildern am effektiven Ort gekennzeichnet. Wir sind tief beeindruckt und positiv überrascht, dass dies ein Ort des Dankes ist, aber in keiner Weise touristisch ausgeschlachtet wird. Mit vielen beantworteten aber ebenso vielen offenen Fragen verlassen wir die Mine San José.

Unser nächstes Ziel ist die grösste Sanddüne der Welt. Nach wenigen Kilometern ist sie von der Strasse aus deutlich zu erkennen. Mit den Erfahrungen von Australien besteigen wir diese softe, beige Steilwand. Wie bei einer Sanduhr rinnt uns der feine Sand sanft entgegen. Oben auf dem ersten Grat ist die Aussicht auf die Dünenlandschaft prächtig. Es gibt Bilder wie in der Sahara. Wir geniessen Sand, Sonne und bestaunen die durch den Wind geformte, schöne Struktur. Hier ein kleines Fotoshooting machen zu dürfen, ist ein grosses Privileg. Wir freuen uns besonders auf die Rutschpartie und weil es so schön ist, nehmen wir den Aufstieg gerne nochmals in Kauf.

Rund 200 Kilometer nördlich von Copiapó liegt der Nationalpark Pan de Azucar. Um diese lange Strecke zurückzulegen, wählen wir die Autobahn, welche aber nach Chañaral endet und in einer Autostrasse seine Fortsetzung findet. Zwischendurch durchfahren wir ganz kleine Fischerdörfchen mit vielen bunt angemalten, verlotterten Blechhütten. Die Landschaft fasziniert dafür umso mehr. Anfangs ist es Wüstengebiet wie wir es kennen, später wechselt es mehr in eine Gerölllandschaft, z.T. unterbrochen von kleinen, weissen Sandstränden. Hier und dort gibt es sogar braune Hinweisschilder, welche den Weg zum Meer weisen. Von gestern wissen wir aber, dass die Wassertemperatur zumindest in dieser Jahreszeit eher etwas für Hartgesottene ist. Nach gut zwei Stunden Fahrt weist ein braunes Schild mit der Aufschrift „Lobetos“ auf die Seelöwen hin, welche auf dem Felsen im Meer ihr Sonnenbad geniessen. Wir machen diesen kleinen Abstecher und beobachten das bunte Treiben. Immer wieder springt ein Seelöwe ins Wasser, schwimmt ein paar Runden und lässt sich danach wieder elegant an die Felsen schwemmen. Der Ausstieg will allerdings geübt sein und so gelingt bei weitem nicht jeder Versuch auf Anhieb. Wir könnten noch lange dem Treiben zusehen, doch wollen wir auch noch die unterschiedlichen Kakteen im Nationalpark sehen.

Die Ortschaft Chañaral kommt ohne jeglichen Charm daher, ein Industrieort, wo wahrscheinlich die Erze verarbeitet und auf die grossen Schiffe verladen werden. Wahrlich keine Augenweide. Nach weiteren 20 Kilometern erreichen wir endlich den Eingang des Parkes. Dies entgegen den offiziellen Schildern, welche andere Kilometerzahlen verkünden. Trotzdem, die lange Fahrt hat sich gelohnt. Auf einen Schlag ändert sich die Landschaft, links und rechts der Strasse ist die Wüste mit Kakteen übersät. Fasziniert steigen wir von einem Exemplar zum nächsten, immer in der Hoffnung einen noch grösseren, noch schöneren Kaktus zu finden. Vereinzelte Exemplare erreichen eine Höhe, welche die Grösse der Girls übersteigen.

Immer wieder sind wir begeistert von der Natur und eben der Farben- und Formenvielfalt. Auch wechselt auf einmal die spärliche Vegetation in unendlich weite Wüstenlandschaften. Wir fühlen uns hier zum ersten Mal so richtig tief, weit, mitten in der Wüste. Hier ist deutlich erkennbar, dass kein, aber auch absolut kein Leben möglich ist. Die Farbenvielfalt, was Sand- und Gesteinsformationen angeht, ist aber immer noch vorhanden. Auch die Strasse passt sich der Umgebung an und ihre Qualität ist deutlich geringer als das, was wir bisher hatten. Auf der Route 5 kehren wir nach Copiapó zurück. Vorbei am Observatorium Inca de Oro, welches wir am Abend aufsuchen werden. Uns ist es gelungen, in allerletzter Minute einen weiteren Besuch in einer Sternwarte zu organisieren. Die Wüste von Atacama ist bekannt für seine zahlreichen Beobachtungsstationen, allerdings sind bei weitem nicht alle für die Öffentlichkeit zugänglich. Wir geniessen die Ausführungen über das Weltall, die Ähnlichkeit des Mondes mit unserer Erde und hören die neuesten Theorien über ein mögliches Szenario, beim Verschwinden des Erdtrabanten. Im Nachthimmel dürfen wir den Unterschied von einem alten „rötlich“ scheinenden Stern und dem noch relativ jungen „bläulich“ strahlenden Sirius sehen. Es wird uns auch wieder ein Blick in den Orionnebel ermöglicht. Im Fokus steht allerdings der Mond. Eine Hälfte scheint uns deutlich an und darauf sind viele kleinere und grössere Krater zu erkennen. Bei diesem Bild können wir unser Staunen nicht mehr für uns behalten. Der Anblick ist einfach genial. Das Foto, welches unser Führer macht, ist noch das i-Pünktchen dieses Besuches. Überglücklich fahren wir nach dieser Sternexkursion durch die dunkle Wüste zurück.

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Kommentare: 2
  • #1

    Joelle (Sonntag, 25 März 2018 21:47)

    Absolut grandios Eure Erlebnisse und Berichte! Es ist sehr spannend, Eure Reise zu verfolgen!
    Wir freuen uns aber auch, Euch bald live zuzuhören �
    Liebe Grüsse und bis sehr bald,
    s Amstads

  • #2

    Dario (Montag, 26 März 2018 18:30)

    Hallo zusammen.
    Ihr habt einen tollen Text.
    Wenn ihr zurückkommt bitte dann nicht alles erzählen, das ginge sonst ziemlich lange. � ;-).
    Danke!
    Lg Dario