Heute haben wir eine Fahrt auf den Piton Maïdo geplant. Dies ist ebenfalls ein erloschener Vulkan auf der Westseite der Insel. Die Aussicht von da oben soll faszinierend sein. Wie immer, wenn man auf la Réunion einen Ausflug in die Berge geplant hat, heisst es früh aufstehen, da sonst die schönsten Aussichten durch erbarmungslose Nebelschwaden und dichte Wolken verdeckt werden. So sind wir um 06.30 Uhr bereits startklar und fahren los gegen den Himmel. Anfangs ist die Route noch klar, doch allmählich werden die Strassen enger, kleiner und steiler. Wir kurven durch hohe Zuckerrohrfelder mal bergaufwärts um dann anschliessend auch wieder abwärts zu fahren. Trotz unserem J+S-Leiter im Orientierungslaufen ist es sehr schwierig, sich in diesem Labyrinth von kleinen Forststrassen zurecht zu finden. Die grösste Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass diese Ministrassen auf unserem Navi gleich gekennzeichnet sind wie die breite Hauptstrasse. Mittlerweile sind wir schon über eine Stunde in den Hügel ob St. Gilles unterwegs – sollten aber gemäss Zeitangaben bereits die Aussicht vom Maïdo geniessen können. Und so kommt es, wie es kommen musste, plötzlich endet unsere Strasse im nirgendwo. Mit knapper Not gelingt es uns das Auto zu wenden, denn die ganze Strecke rückwärts zu fahren, hätte wahrscheinlich bis am Abend gedauert. So peilen wir eine Hauptstrasse an, was uns letztlich dann auch gelingt. Dieses Erlebnis ordnen wir unter „scenic drive“ ein.
Endlich, nach ca. 10 weiteren Kilometern sehen wir ein Verkehrsschild, welches uns den Weg zum Piton anzeigt. So folgen wir schön brav dieser Signalisation und nur wenig später haben wir die Gewissheit, dass wir nun auf der richtigen Route sind. Im Schritttempo winden wir uns all die engen Kurven hoch, vor uns eine ganze Anzahl Gleichgesinnter. Die Landschaft um uns herum ist aber wunderschön. Zuerst führt uns die Fahrt durch verschiedene, kleine kreolische Dörfer, vorbei an besagten Zuckerrohrfeldern, durch Akazienwälder, samtweiche Wiesen, vorbei an knorrigen Höhentamarinden und zum Schluss vorbei an baumloser Heidelandschaft durchtrennt von vor langer Zeit erkalteter Lavagesteinsformationen. Zum Glück noch rechtzeitig, das heisst vor Wolken und Neben erreichen wir den höchsten Punkt. Was sich hier oben uns bietet ist absolut einmalig und schlicht weg genial. Der Ausblick hinab in den Cirque de Mafate ist wahrlich atemberaubend. Dieses zerklüftete, autofreie und authentische Tal ist einer der drei Cirques der Insel. Als wir unten im Tal verschiedene, verstreute Häuser sehen, fragen wir uns, wer denn hier wohnt – eine Strasse dorthin gibt es keine. So lesen wir im Führer nach, dass dieses Tal auch heute noch nur zu Fuss oder per Helikopter zu erreichen ist. So ist Mafate, der Name stammt übrigens von einem madagassischen Sklaven, welcher der erste Bewohner dieses Tales war (Mafate=der Gefährliche), der am schwersten zu erreichende Talkessel dieser dreien. Alle zählen zum UNESCO Weltnaturerbe.
Kann man den Blick vom Tal lösen, bietet sich dem Auge ein wunderbares Bergpanorama mit den höchsten Gipfeln der Insel (über 10 davon sind höher als 2000m). Der höchste ist der ebenfalls erloschene Piton des neiges mit 3070m.
Das Glück ist uns hold und so können wir eine beinahe wolkenlose Aussicht geniessen. Wir sehen sogar bis ans Ostende der Insel. Die Westseite liegt, resp. deren Strände liegen 2200 Meter unter uns.
Auf der Rückfahrt vom Vulkan Piton Maïdo stoppen wir bei einem Strassenstand. Die Verkäuferin bietet uns verschiedenste Dinge zur Degustation an, so z.B. Zuckerrohrsirup – der ist sehr, sehr süss. Dasselbe Getränk verfeinert sie mit etwas Saft einer länglichen, kleinen Zitrone. Auf dem Schild können wir nachlesen, dass diese Frucht „Citron Caviar“ genannt wird. Jetzt dürfen wir nochmals probieren und wir staunen nicht schlecht, ob des neuen anderen Geschmackes. So könnten wir uns vorstellen, den Zuckerrohrsaft zu uns zu nehmen. Wahrscheinlich rührt der Name vom Aussehen der kaviarähnlichen, kleinen durchsichtigen Kügelchen. Sie schmecken leicht süss säuerlich. Diese Frucht wird oft im Zusammenhang mit Meeresfrüchten wie Austern oder Saint Jacques verwendet. Auch für verschiedene Tartares oder für grillierten Fisch eignet sich die Citron Caviar. Weiter kommt sie in Fruchtsalaten oder bei Cocktails zur Anwendung.
Die Degustation geht weiter mit einer Art Caramelzucker. Zu guter Letzt, wir sind, wie ihr alle wohlgemerkt habt, bei den Süssstoffen angelangt, gibt sie uns Tamarin zum Probieren. Der Name leitet sich aus dem Arabischen „tamar hindi“, was indische Dattel bedeutet ab. Nur schon das Öffnen will gelernt sein. Sie reibt die Frucht an einer nicht allzu scharfen Kante und danach zerbricht sie die Schale. Die Farbe sieht aus wie bei einer Dattel. Das Mark dieser Frucht schmeckt fein süss-säuerlich und soll sich angeblich hervorragend zum Verfeinern von diversen Speisen und vor allem aber auch von diversen Drinks eignen. Wir geniessen diese Frucht pur. Wie ihr seht oder schon fast riechen könnt, erhalten wir hier eine hervorragende kulinarische Weiterbildung!
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Gian (Donnerstag, 02 November 2017 19:38)
Hoi Céline, das ist eine tolle Aussicht! Siehst du auch dein Haus?
Irene (Donnerstag, 09 November 2017 09:17)
Hoi Weltenbummlers
Das sind wunderbare Bilder! Diesen Kaviar würde ich auch als Vegetarierin geniessen :)